Die Zeiten, in denen man sich stringent an die Ferien bzw. nach den Kindern richten musste, sind nun nahezu vorbei, maximal Fernreisen oder auch nur Flugreisen, die das Kind nicht selber bezahlen möchte, nötigen es, sich mit „den“ Eltern auf eine stressige Urlaubsfahrt zu begeben.
Und wenn dann der Urlaub noch mit Wandern verbunden ist, auch ein spektakulärer Klettersteig kann da nicht locken, sind die Ohren sowieso auf Durchzug geschalten. Mmh, irgendwas in der Erziehung ist dann wohl doch falsch gelaufen…
Bevor ich in eine leichte Vati- Depression verfalle, dann doch zum positiven Teil. Endlich mal wieder zu zweit in die Berge, ohne Rücksicht auf irgendwen zu nehmen. Für ein 4 Tagestrip nicht zu weit entfernt und doch echt alpin. Die Entscheidung fiel auf die Gosaukamm mit seinen unzähligen Hütten drumherum. Eine Empfehlung einer Alpinzeitung ließ uns den 1. Versuch zur Stuhlalm starten, jedoch erhielten wir keine Antwort. Die direkten Nachbarn auf der Theodor- Körner- Hütte antworteten sofort. Der Umstand das die Sommerferien in Sachsen- Anhalt Ende August endeten, führt leider nicht dazu, dass nun ganz viel Platz in den Alpen und auf der Straße wären, Föderalismus sei Dank. Zudem sollten es noch einmal Anfang September herrlich sonnige Tage werden, so dass alle Richtung Süden stürmten.
Zum zu zweit reisen gehört dann auch die Zwischenübernachtung im Kombi – herrlich. Damit konnten wir erst am Abend starten, kein Stau und zudem früh am Morgen ein fantastischer Aufstieg vom Parkplatz Pommer früh um 10:00 Uhr. Jedoch haben wir die Höhe und das Gepäckgewicht wohl etwas unterschätzt, nach einigen Kehren muss Marion stoppen und brauch eine Pause. Nach dem 4. Stopp erbarme ich mich und trage Marions Rucksack bis kurz vor die Hütte (der Peinlichkeit, mit einem „Packesel“ im Schlepptau anzukommen, wollte sie sich dann doch nicht aussetzen).
Bei herrlichster Mittagssonne genießen wir bayrisches Bier und ganz viel Vitamin D. Die Theodor- Körner- Hütte hat einige Nachtlager und auch Doppelzimmer, wobei der Begriff etwas irreführend ist, jede Abstellkammer ist größer. Ein erster Ausflug auf die Wanderwege der Westseite hielt uns mal wieder vor Augen, dass wir Flachländer sind – wir kamen ganz woanders raus. Dank einer leckeren Brotzeit war das aber schnell vergessen. Die Küche der Theodor- Körner- Hütte versprach leckeres Futter, die Eltern des eigentlichen Wirtes hatten die Versorgung während seiner Abwesenheit übernommen.
Als Höhepunkt sollte gleich am nächsten Morgen der Donnerkogel- Klettersteig in Angriff genommen werden, zeitiges Erscheinen sichert weniger Stau. Leider ist der Zustieg von unserer Hütte trotzdem nur in mindestens 45 min zu bewältigen, von dort würde man auch nicht starten, denn es führen direkt 2 Gondeln von Westen und Osten zur Gablonzer Hütte resp. zum Einstieg des Klettersteiges. Jedoch der von Westen fährt glücklicherweise nicht an Freitagen. Trotz unserer Mühen und den glücklichen Umständen konnten wir uns nach Ankunft am Einstieg am Klettersteig ein anderes Ziel suchen – ich Depp hatte die Klettersteigsets im Zimmer liegen gelassen.
Also spontane Änderung des Tagesplanes stand dann die klassische Umrundung der Gosauklamm auf dem Programm, ein Stück hatten wir ja eh schon absolviert. Auf normalen Wanderwegen geht es immer an den teilweise steilen Wänden vorbei. Spektakulär ist dann nach ca. der Hälfte der Strecke der Steiglpass mit toller Ausschicht auf den Dachsteingletscher. Das (Kneipen-) Ziel vor Augen geht zu einem anstrengenden Abstieg zur Hofpürglhütte. Bis dorthin sollte man auskömmlich Getränke und Essen dabeihaben, wenn man die Runde in dieser Richtung geht (Uhrzeigersinn), da bis dahin keine weitere Einkehr auf dem Weg liegt.
Die Hofpürglhütte dient von der Gondel gestartet eigentlich als Übernachtungsziel, wir wollen es heute aber wissen (und könnten ja auch nicht anders) und ziehen nach kurzem Zwischenstopp mit Alster, Kola und Bier (genau in der Reihenfolge) weiter. Ein letzter kräftezehrender Abstieg über das Jöchl hinab, die letzten Meter über eine Alm zur Stuhlalm – 21,1 km und ca. 1.500 Hm waren zu bewältigen – der Durst ist entsprechend groß.
Am Abend begrüßt uns der noch sehr junge Wirt der Theodor-Körner-Hütte. Die Qualität des Essens nimmt aber mit seiner Anwesenheit nicht zu (er kocht selber), leider ist es etwas enttäuschend – vegetarisches Chili halten wir dann doch nicht für die typische Küche im Salzburger Land.
Am nächsten Morgen unser Déjà- vu, leider können wir wieder nicht eher starten, Frühstück gibt es nicht vor 7:30 Uhr, da die erste Gondel 8:30 Uhr an der Gablonzer Hütte ankommt, ist ein 1. Platz nicht zu erreichen. Trotz ausgeruhter Beine und schnellen Schrittes schaffen wir es nur, noch einen großen Schwung Klettersteiggeher am Einstieg zu überholen um uns dann in die Warteschalge einzureihen. Bei absolutem Kaiserwetter geht es dann aber doch ganz gut voran bis, ja bis Einige wieder umkehrten. Erst ein erwachsener Mann Mitte 20 schleicht an uns vorbei.
Alle sind rücksichtsvoll und man schafft es unfallfrei aneinander vorbei. Kurze Zeit später ein Zweiter, ähnlich alt und äußerlich kräftig geht es nach ca. 50m (!) Klettersteig in Schwierigkeit bis maximal C in die andere Richtung. An der sogenannten Plattenquerung ruft er das „Taxi“ – er schaffe es nicht mehr runter und die Bergwacht muss ihn ausfliegen. Trotz dessen man darüber vielleicht den Kopf schütteln kann, was er denn hier zu suchen habe, wenn er schon die einfachen Stellen nicht schafft, die richtige Entscheidung. Aus leidiger eigener Erfahrung ist es besser, diesen Weg zu gehen, als sich in Gefahr zu begeben sich oder sogar andere beim Abstieg zu verletzen. Nach dieser Aktion entspannte sich die Situation zusehends, die Perlenkette aus Menschen zog sich in die Länge. Wir hatten nach der Hubschrauberaktion nur noch wenige Meter bis die Monsterleiter zu sehen war. Dem einen oder anderen rutscht aber auch hier nochmal das Herz in die Hose, ein tschechisches Vater-Sohn-Gespann ging die Leiter nicht zusammen, das Wehklagen des ca. 12-jährigen Jungen bezüglich der Angst vor der bevorstehenden Wackelpartie war dann doch sehr deutlich.
Die Erbauer haben natürlich nichts dem Zufall überlassen und eine Alternative zur Leiter gebaut. Diese geht dann über einen Grasrücken zur Abschlusswand. Dieser Weg bietet zudem optimale Möglichkeiten für spektakuläre Bilder der Leiter mit seinen Protagonisten. Optimal ist natürlich, dann auch allein auf der Leiter zu sein, mehrere Personen bringen das Ding dann doch ganz schön ins Schwingen, dabei muss man noch umklippen, Konzentration ist auf jeden Fall auch hier angesagt.
Nach der Leiter kommen noch einige steile Stellen, die dann auch mal wirklich Schwierigkeit D sind, dann ist man auch schon auf dem Gipfel.
Auch hier holt einen der Massentourismus wieder ein, viele Menschen, die den Wanderweg genommen hatten und die Klettersteiggeher treffen hier zur Brotzeit zusammen, als Krönung gibt es eine heiße Diskussion zwischen einem österreichischen Pärchen und einem deutschen Rentner über die Verwendung einer Drohne, um das Gipfelglück des Pärchens ins perfekte Bild zu rücken.
Nun fragt man sich bei der Riesenleiter schon, was soll das? Es geht absolut nur darum, eine spektakuläre Situation mit perfektem „Viewpoint“ für das Foto zu schaffen, um so viele kaufkräftige Kunden auf den Berg zu bringen, wie nur möglich. Nun waren wir selbst Teil davon und schwammen mit dem Strom der Bergtouristen mit und ließen unser Geld in den umgebenden Lokalitäten. Also betrachten wir mein Geschriebenes mal als kritische Selbstreflexion und als Werbung für dieses schöne Fleckchen Erde, man kann den Klettersteig aus ethischen Gründen natürlich auch auslassen. Aber genau deswegen waren wir ja auch hier, das sollte jeder für sich selbst entscheiden, zumindest haben wir kein „Gondel- Taxi“ genutzt, denn für uns ist beim Berg gehen und steigen auch der Weg das Ziel, das Gipfelbier möchte sich bitteschön auch verdient werden.