Marokko – weihnachtliches Klettern – 2001

Das Jahr ging dem Ende zu, doch Urlaubstage waren noch ungenutzt. Also nichts wie die „Last Minute“ Angebote studieren. Die Kanaren waren zu teuer, in Tunesien kann man nicht klettern und Marokko erwies sich unter allen Angeboten als Schnäppchen- 2 Wochen mit Frühstück für 800,-DM. Schnell noch das Computer-Archiv durchstöbern, ob in „Klettern“,“Outdoor“ oder „Trekkers World“ was nachzulesen ist. Wir wurden fündig. Das Atlas-Gebirge, die Todra-Schlucht, in Verbindung mit Weinachten am Strand und 25°C hörte sich das ganz gut an.

Bei unserer Ankunft in Agadir regnete es zwar, aber im Vergleich zum kalten Deutschland war es sehr warm. Unser Hotel ähnelte stark der Miniaturausgabe eines DDR-Neubaublocks. Jedoch war alles sauber und ordentlich und es gab einen Garten, in dem sich prima frühstücken ließ. Nach 3 erholsamen Strandtagen und permanentem Nichtstun wollten wir nach Marrakesch aufbrechen, um von dort aus den Djebel Toubkal- mit 4167m der höchste Gipfel des Hohen Atlas- zu besteigen. In Deutschland hatten wir uns einen Wander-und Kletterführer per Internet besorgt. Der einzige deutschsprachige Führer war von 1984. Wir fuhren mit dem Bus nach Marrakesch- preiswert und bequem. Am Busbahnhof in Marrakesch wurden wir ohne Vorbestellung von einem jungen Mann namens Mohammed abgeholt, der sich sehr fürsorglich um uns und unser Gepäck kümmerte: „I can show you a good hotel, cheap with hot shower.“ Das Hotel war in einer kleinen schlammigen Gasse, neben vielen kleinen Geschäften in der Medina, wo sich normalerweise kein Tourist hin verirrt. Direkt neben dem Hotel befand sich ein Fleischer, der seine besten Stücke neben dem Hoteleingang aufgehangen hatte. Oberflächlich sauber, besaß unser Hotel wahrscheinlich auch wirklich eine heiße Dusche, wir haben es nicht ausprobiert, aber der Preis von umgerechnet 12,-DM/Nacht überzeugte uns. Mohammed erzählte uns, nach Imlil (Ausgangspunkt für Wanderungen im Hohen Atlas) könnte man nur mit dem Taxi hinkommen, aber er hatte natürlich einen guten Freund, der das für einen guten Preis machen würde. Wir trafen ihn in einem Straßencafe. 280,-DM wollte er für hin und zurück haben. Für schlaffe 130 km, wir waren baff! Schließlich handelten wir ihn auf 170,-DM runter, mußten aber 300 Dirham (60,-DM) anzahlen. Mohammed bot sich nun an, uns die Medina zu zeigen, wofür er natürlich kein Geld wollte, er wäre mit dem zufrieden, was wir ihm geben würden, schließlich sind wir jetzt Freunde. Nachdem wir mehrere Stunden mit ihm durch die Souks spazierten,wollten wir in Ruhe zu Abend essen, ohne Begleitung. Wir rätselten noch rum, wieviel Geld für unseren Nicht-Guide angemessen wäre, als er auch schon die Hand aufhielt und seinen Preis nannte. 200 Dirham (40,-DM) wollte er als ehrenamtliche Aufwandsentschädigung. Nach der Verabschiedung von Mohammed an diesem Abend zweifelten wir ernsthaft, ihn, unser Geld oder den Taxifahrer je wieder zu sehen. Wir bummelten zum berühmten Djemma el Fna, einem riesigen Platz, auf dem Gaukler, Geschichtenerzähler, Akrobaten und Schlangenbeschwörer ihre Dienste anpriesen. Die Nacht war grausam, die 6 m 2 Zimmer teilten wir uns mit einigen Kakerlaken, so daß wir einerseits froh waren, unsere Schlafsäcke dabei zu haben, andererseits, bei 36° ist Daune nicht unbedingt ein Vergnügen. Punkt 7 Uhr weckte uns unser neuer Freund. Zuerst ging es wieder obligatorisch Tee trinken, ehe wir gegen 10 Uhr tatsächlich ein Taxi bestiegen. Der Fahrer allerdings war ein Freund des Freundes, dem wir wiederum 200 DH zahlen mußten, damit er tanken konnte. Mittags waren wir in Imlil und vereinbarten mit dem Fahrer Zeit und Ort für die Rückfahrt. Der Aufstieg konnte beginnen. Zwei Bergdörfer weiter befanden wir uns bereits in 2500m Höhe. Die Neltner-Hütte- unser heutiges Ziel- liegt auf 3207m, wurde von franz. Alpenverein ausgebaut und erst im Jahr 2001 fertiggestellt. Der Führer setzt für die Frühlingsmonate Winterausrüstung voraus. Da wir ja im Dezember unterwegs waren, hatten wir lediglich Trekkingkleidung sowie Handschuhe, Mütze, Schal dabei- keine Stulpen, Steigeisen usw. Auf dem Hochplateau vor der Hütte lag bereits Schnee, es war sehr kalt und es wehte ein fürchterlicher Wind. Nach 5 Stunden erreichten wir durchgefroren und durch den Kampf mit dem Wind auch ziemlich erschöpft die Hütte. Die Enttäuschung war groß, als wir feststellten, daß in der Hütte dieselben Temperaturen herrschten, wie draußen. Der marokkanische Hüttenwart erklärte uns, daß man Kaminholz kaufen kann, aber erst später. Zwischenzeitlich zeigte er uns seine persönliche Ausrüstung: 5 Paar Tourenski, Skistiefel aus Österreich, Überhose aus Japan, Fleece-Pullover aus Neuseeland usw. Spezialkleidung ist in Marokko ein beliebteres Zahlungsmittel als Geld, da nicht zu kaufen. Zwei Spanier waren frühmorgens zu einem Gipfelvorstoß aufgebrochen, aber bei schrecklichem Wind und viel Schnee seien sie wieder umgekehrt und lägen jetzt erschöpft in den Kojen. Die beiden waren top ausgerüstet und wir sahen unsere eigenen Gipfelchancen schwinden. Am Abend saßen wir gemeinsam mit den Spaniern, einem polnischen Pärchen und einem Belgier vor dem Kamin, versuchten unsere Socken und Schuhe zu trocknen und jeder erzählte von seinen Bergerfahrungen. Es war das einzig Positive an dem Trip, denn der Morgen sah noch schlimmer aus. Die Spanier versuchten es noch einmal, kamen aber nach 1h zurück. Sie boten uns dann auch an, uns in ihrem Bus mit nach Marrakesch zu nehmen. Das Angebot nahmen wir sofort an, da uns der Belgier erzählte, daß zwischen Imlil und Marrakesch kleine Busse verkehrten, die max.250 DH für hin und zurück verlangten. In Marrakesch bemühten wir uns schnell und unauffällig zum Busbahnhof, um unserem Freund Mohammed nicht wieder in die Arme zu laufen. Nach den Weinachtsfeiertagen (verbrachten wir bei Nieselregen am Strand ) ging es in die Todra-Schlucht, dem Kletterparadies Marokkos. Mit einem Mietauto fuhren wir 500km südöstlich durch karge Steinwüste, immer mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel des Atlas. Die Todra-Schlucht empfing uns mit Sonnenschein. Mäanderhaft schlängelt sich ein Fluß durch die gerademal 50-100m auseinanderstehenden Felswände. 3 Hotels stehen in der Schlucht, direkt unterhalb der gigantischen Kalkmauern. In einem Hotel mittlerer Klasse (Les Roches) stiegen wir ab. Der Preis war okey, aber es gab kein Bier. Den Eintragungen im Gästebuch konnte man aber entnehmen, daß sich viele unserer Zeitgenossen mit Haschisch, der wohl leicht zu bekommen ist, darüber hinweg trösteten. Bei einem ersten kleinen Abendspaziergang bot sich uns sofort ein Einheimischer als Kletterguide an, aber von neuen Freunden hatten wir erstmal genug (Dieser wollte unsere Kletterschuhe als Gegenleistung)! Am nächsten Morgen begleitete uns herrlichster Sonnenschein beim Einklettern. Der Fels war fantastisch, die Routen homogen und super abgesichert. Die Kletterschuhe und Hände klebten förmlich am Fels. Chalken war fast nicht notwendig. Der Sektor Mansour bietet vor allem Routen im 5. franz.Grad und 30m Höhe. Tiefer drin in der Schlucht kann man Touren bis 300m klettern, bei Wandhöhen bis 1000m! Insgesamt stehen zur Zeit 13 Sektoren mit ca. 250 Wegen (nachzulesen unter www.google.com/ La_Todra)! Am Nachmittag besuchten wir dann den Sektor Jardin d`hiver und konnten einige Routen bis 6a+ flashen, und mit der Nr.17 die schönste 6a+, die wir bisher geklettert sind. Allerdings ist diese Tour sehr gefährlich- am Einstieg lag eine tote Ziege. Übermut tut selten gut! Am Abend trafen wir das Spanierpärchen im Hotel, die Welt ist klein. Leider mußten wir am nächsten Morgen schon zurück, wir hatten nur noch 2 Tage bis zum Rückflug und der Mietwagen war auch relativ teuer (120,-DM/Tag). Aber wir sind sicher, dieser Schlucht werden wir nochmals einen Besuc