Nach einem phantastischen Trip in die Schweiz, machten wir uns gleich anschließend auf in wärmere Gefilde. Im September soll Mallorca ja auch noch ganz nett sein, und nicht mehr so heiß wie im Sommer. Als Hausfraueninsel bekannt, wollten wir unseren Muttis auch mal was gutes tun, und luden Marion`s und meine Mama kurzerhand mit ein. Schließlich sollten sie auch mal sehen, mit welchem befremdlichem Tun wir so unseren Urlaub vergeuden. Außerdem mit von der Partie waren Luba, Simone und natürlich Marion, die mit Ursel und Rita (unsere Mama`s) für das „befremdliche Tun“ , wie sonnen, baden und Sightseeing zuständig waren. Für das Anspruchsvolle, vertikal grazile Bewegungen und harte Moves reißen, zeichneten Andre`, Witold (Poldi) und meine Wenigkeit verantwortlich.
Ziel unserer Urlaubsträume war das etwas nördlich gegenüber der Costa Brava liegende Port de Soller. Für Leute die es, so wie wir, etwas ruhiger mögen, genau richtig.
Unser erstes Interesse galt dem Gebiet Sa Gubia, welches man super mit der Bahn erreicht. Diese ist der Dessauer Straßenbahn vor 1989 in Bezug auf den Lärm und die Bewegungen (so, dass Alle syncron mit Oberkörper und Kopf wackeln) nicht unähnlich. Dafür aber weit aus schöner anzusehen. Als wir mit dem Bus zum Hotel fuhren, fiel uns ein wunderschöner Pfeiler von beachtlicher Höhe auf. Zufälligerweise sollte sich an Diesem auch unsere erste Tour auf Mallorca befinden. Hier waren unsere Frauen (außer die Mutti´s) mit von der Partie. Laut unserem Kletterführer (Rockfax) hatten wir uns die populärste Mehrseillängenroute der ganzen Insel ausgesucht: Gubia Normal, 7 SL, selbst abzusichern (außer Standplätze), max. 4+ (französisch). So bildeten wir dann 2 Seilschaften: Ich und Poldi, sowie Andre` und Marion. Simone und Luba kletterten nur die 1.SL. Leider regnet es im September auf Mallorca des öfteren, so dass wir zeitweise ein paar Tropfen ab bekamen. Das tat dem Spaß aber keinen Abbruch. Und so hakten wir diese Tour ohne nennenswerte Probleme ab. Allerdings dauerte das Abseilen fast genauso lange, wie der Aufstieg. Über unsere Route ging es nicht, da die Standplätze doch etwas heikel waren (Schlingen, geschlagene Haken). So mussten wir über eine andere Tour abseilen, die zwar mit Bohrhaken abgesichert war, aber immens viele Sträucher aufzuweisen hatte, in denen sich ständig das Seil verfing. Tja, auch schmeißen will gelernt sein.
Nachdem die Damen uns begleitet hatten, war es jetzt an uns, etwas Kultur in unsere Kletterhirne zu schaufeln. Allesamt machten wir uns am nächsten Tag mit Bus und Bahn auf zum Kloster Lluc. Da es sich um den bedeutendsten Wallfahrtsort Mallorca`s handelt, war klar, dass hunderte Touristen das selbe Ziel hatten. Als ich die vielen Busse am Parkplatz sah, wurde mir schon ganz anders. Ich würde nicht unbedingt von einer Phobie sprechen, aber mehr als 10 Touri´s auf einmal (diese ganz spezielle Art davon) lösen bei mir schon eine gewisse Panik aus. Zum Glück lösten sich die Massenansammlungen auf dem weiträumigen Gelände rasch auf. So konnte man dann die Kirche und das Museum, sowie die Außenanlagen in recht angenehmer Atmosphäre genießen. Danach liefen wir circa 6km immer die Straße entlang, Richtung Sa Calobra, bis zum Einstieg der Torrent-Schlucht. Dort befindet sich eine Kneipe und ein großes Schild, durch das man unter allen Umständen gehindert werden soll, den Canyon zu betreten. Gefordert werden u.a. Neoprem-Anzüge, und die Schlucht nicht ohne Bergführer zu betreten. Nach einigen hundert Metern wurde es etwas steiler und man konnte wunderbar in die Schlucht hineinsehen. Sie führte kein Wasser und nach Regen sah es auch nicht aus. Also, auf geht´s! Da waren unsere Muttis schon auf dem Rückweg, abgeschreckt durch das Schild und das, was da noch kommen mochte. Außerdem stellte sich bei meiner Mama ein gewisses Höhenproblem ein, welches sich zum Glück nicht auf meine Gene vererbt hat. Sie entschlossen sich, doch lieber den Bus zu nehmen. Es ist ein fantastischer Weg, ähnlich einem Klettersteig, denn teilweise sind auch Kletterhilfen wie Eisenstifte und Fixseile vorhanden. Von fast 1000 Meter Höhe bewegt man sich immer abwärts bis zum Meeresspiegel. Über riesige haushohe Blöcke geht es auf und ab. Nach 5 Stunden ( um diese Zeit waren der letzte Bus sowie die letzte Fähre bereits weg) erreichten wir (mit reichlichen Pausen) das Meer. Hier verbreitert sich der Canyon auf circa 100 Meter, und es wird ziemlich flach. Es ist wie in einem riesigen Kessel, an deren Ende sich eine etwa 15 m breiter Durchgang befindet, der zum schmalen Strand und auf das offene Meer führt. In dieser Bucht liefen wieder hunderte Touristen rum und starrten uns ungläubig an, als wir über die letzten Felsen stiegen. Für Klettersteiggeher ist das Ganze überhaupt kein Problem, wie gesagt, solange die Schlucht kein Wasser führt und kein Regen angesagt ist. Nach einer wohlverdienten Pause mit Cappucino, Sangria und vor allem Bier, entschlossen wir uns, einen Wanderweg bis Port de Soller zurück zu gehen. Am Abzweig nach Tuent (einer kleinen, von Pauschaltouristen noch nicht eingenommenen Badebucht) trampten Simone und Luba zurück nach Soller. Da es nur noch 2,5 h hell war, entschieden wir Restlichen, ab hier bis Tuent zum Einstieg des Wanderweges zu joggen. Zum Glück für Marion und mich kam ein Auto, dass wir anhielten. Andre` und Witold waren weit vor uns. Die Leute, die uns mitnahmen, fuhren erst nach Tuent und dann nach Port de Soller. Sie wollten in der Bucht nur ein paar Foto`s machen. So leicht ist uns eine gemeinsame Entscheidung noch nie gefallen. Da Tuent in einer Sackgasse endet, kamen wir auf dem Rückweg an den Beiden vorbei und teilten Ihnen unseren Entschluß mit. Sie wollten bis Port de Soller joggen (ca. 20 km). Ihr Stolz und ihr Sportsgeist verboten ihnen jede weitere Unmutsbezeugung. Nach 4,5h waren Sie im Hotel, davon 2,5 h im Dunkeln ohne Stirnlampe über nicht ausgeschilderte, schlecht zu „rennende“ Wege. Wir Kletterer sind schon ein zähes Völkchen.
Nach diesem anstrengenden Tag wollten wir uns dann wieder vertikal bewegen. Valdemossa liegt ca. 13 km entfernt. Dieses Gebiet liegt zwar am Meer, hat uns aber am wenigsten gefallen. Die leichten Routen (4,4+) liegen genau an der Straße, wo ständig Autos vorbeikommen ( unterhalb der Felsen befindet sich in Valdemossa-Port ein berühmtes Fischrestaurant) und man als Sichernder ständig am Fels kleben muss, um nicht überfahren zu werden. Außerdem sind die Routen ziemlich hart bewertet, wobei eine 4 wohl eher eine 5 b ist. Wir fanden nur eine Route richtig cool (Dali), 1m Dach, mit riesigen Henkeln, als 5+ bewertet, aber nach unserem Dafürhalten wohl mehr eine 6a. So machten wir dann nur noch einige Touren im Bereich 5 bis max. 5+.
Da wir in Finale gelernt hatten, dass 6 Tage durchklettern nicht viel bringt, beschlossen wir, wieder einen Tag Sightseeing einzulegen. Palma war unser Ziel, wieder mit der Bimmelbahn. Als erstes stand die Kathedrale La Seu auf dem Programm. Sie gehört zu den größten europäischen Kathedralen und ist dementsprechend auch ziemlich beeindruckend. Der Ansturm hielt sich in Grenzen, so dass sich meine Phobie nicht weiter bemerkbar machte. Nach Palma zu fahren, ohne El Arenal gesehen zu haben, ist wie Coitus Interruptus. Der Strand war knackevoll, die Ballenario`s (Kneipen) auch (mittags 12.00 Uhr tanzten schon die Go-Go-Girls auf den Tischen). Als wir am Ballermann 6 angekommen sind, ist dort die Hölle los. Doch nach 2h „Schalke, Schalke“ und „Bier her, Bier her, oder ich fall um“ – Gesängen (letzteres kann ich ja noch verstehen), traten wir den Rückzug an.
Nach diesem Kulturschock waren wir Kerle uns einig, nur noch der Vertikalen unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Cala Magraner war unser nächstes Ziel. Das liegt an der östlichen Seite der Insel, unweit (10 km) von Porto Cristo. Dazu mieteten wir uns ein Auto, da der Zug nur bis Palma fährt und das Ganze mit dem Bus zu lange gedauert hätte. Doch der Weg (mit dem Auto 1,5h) lohnt sich, es ist das schönste Gebiet, das wir auf Mallorca besucht haben. Die meisten Kletterwege befinden sich am Meer, in einer etwa 100m breiten Bucht und man klettert direkt am Strand. Es gibt nur Einseillängenrouten und die sind fantastisch. Höhepunkt war eine geile 6a mit Crux an einer versinterten Säule, Spitze!! Zwischendurch kann man sich zum abkühlen etwas ins Meer begeben. Dort hat man fast immer Gesellschaft, da sich ständig kleine und auch größere Yachten, zum Baden und zum Foto`s machen (natürlich von dir, bei deinem härtesten Zug), in der Bucht befinden.
Unser letzter Trip (wieder mit dem Auto) bescherte uns einen Ausflug in den Norden, zum Cap Fermentor. Das Gebiet Creveta befindet sich am Mirador d´es Columnet, einem herrlichen Aussichtspunkt etwa 300m über dem Meer. Zu den Einstiegen muß man abklettern (1). Nach einer Einstiegsroute (Curset,4) machten wir eine sehr schöne Tour im fünften Franzosengrad (Baba Diedro, Verschneidung, lange Rippe). Die 6a (Krilin) danach war kurz und knifflig und wir mussten eine Weile herumprobieren. Dann holte uns das „typische“ September-Wetter ein. Es regnete in Strömen. Das war´s dann! Leider noch nicht. Die Straßen waren eine einzige schmierige Seifenpiste und besteht Richtung Soller nur aus Serpentinen. Um dem Kommenden ein wenig Paroli zu bieten, köpften Andre` und ich erst mal ein Bier. Mit einem Rettungsassistenten (Poldi) am Steuer, der beruflich den Notarzt chauffiert, konnte eigentlich nichts passieren. Unterwegs rutschten wir an mehreren Unfällen vorbei, wobei einmal ein Auto im Straßengraben lag und ein anderes mal ein Fahrzeug vor uns auf dem Dach zum Stehen kam. Alle „500m“ hielten wir und boten unsere Hilfe an. Zum Glück wurde bei keinem der Unfälle jemand verletzt. Nach 6 Bier (durch 2) und 2 Schachteln Zigaretten (durch 3), gelangten wir ohne Beule und Verletzung nach Port de Soller.
Fakt ist, dass Mallorca zum Klettern fantastisch ist und noch Potential für viele neue Routen und Gebiete hat. Fakt ist auch, dass Mallorca klettertechnisch top abgesichert ist, aber bei der Wahl der Gebiete sollte man auf das Wetter achten, sonst kann es doch ganz schön gefährlich werden.